Hi Jörg,
bin selbst seit über 25 Jahren, zwar für eine andere Sparte, aber eben die Industrie tätig. Mein Eindruck ist eher, daß man dort von dem leben möchte, was man produziert und verkauft. Das an sich ist noch ok. Die Gewinner der Branchen orientieren sich am Markt resp. dessen Bedarf, die Verlierer lagen in irgend einem (entscheidenden) Punkt daneben.
Ich bezweifle nicht, daß es in der Industrie Entwicklungen gibt, aber doch schon, daß diese ihrer Zeit voraus eilen; d.h. die Masse der Industrie deckt momentanen Bedarf und betreibt keine, wenig oder zu wenig Entwicklungsarbeit mit Blick in die Zukunft. Für die meisten Betriebe kommt es daher eher darauf an, rechtzeitig; d.h. im richtigen Moment und schnell genug, auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Die kommen auch nicht von heute auf morgen, aber manchmal schneller, als man große Produktionsanlagen umstellen kann oder mag. Doch die Themen Licht und Schritthalten der techn. Entwicklung mit Energiefragen versus z.B. Pflanzenphysiologie gibt es nicht erst seit heute oder gestern. Und Ignoranz zur, zumindest versuchsweisen, Beeinflussung des Marktes im eigenen Sinne hat für mich nicht viel mit Sinn zu tun, mit Ausnahme persönlicher Interessen Einzelner, pardon.
Die meisten Erfindungen, die die Menschheit (wenn technische es je vermocht haben) ein Stück weiter brachte, wurden von Tüftlern gemacht, nicht von zu jenem Zeitpunkt industriell tätigen Menschen. Die innovativsten Betriebe haben meist eine erstaunlich geringe Größe und es sind Ausnahmen, wenn so etwas aus wirklich großen Unternehmen kommt. Das hat mit deren Struktur und Funktionieren zu tun, denn hier ist Flexibilität und Kreativität gefragt, beides hat in der Masse der durchrationalisierten Industriebetriebe kaum Platz (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Ich habe noch etwa 10 Jahre zu arbeiten, jedenfalls nach dem Gesetz. Und wie schon erwähnt, tue ich das für einen der größten Industriezweige unserer Republik. Ich mag meine Tätigkeit an sich, wenn ich sie so ausüben kann, daß sie den Menschen nützt aber ich mag es gar nicht, mich von anderen in eine Richtung drängen zu lassen, die damit nicht viel zu tun hat und dann noch, nach deren Wunschdenken, so zu tun, als ob das edle Wissenschaft sei. Das ist, mit Verlaub, verlogen. Die Industrie, für die ich arbeite, hat, mit wenigen Ausnahmen, nur ein einziges Interesse: Geld. Das war mal anders (wer den Unterschied zwischen "Sozialer Marktwirtschaft", einst durch Ludwig Erhard begründet, und sogenannter "Freier Marktwirtschaft" kennt, weiß, wovon ich rede) und sollte nicht nur, sondern muß auch wieder anders werden, denn diese sogenannte Freiheit des Marktes ist längst keine mehr, ja war es nie.
Ich kann Dich gut verstehen und stimme Dir partiell auch zu, aber glaube mir, so edel ist es leider um die Sache nicht bestellt. Ich kenne viele Produkte der AQ-Industrie, aber nur wenige davon würde ich als fortschrittlich und nützlich bezeichnen. Dabei liegen genau darin echte Chancen, ein gutes Stück am Markt zu partizipieren. Vielleicht, da magst Du richtig liegen, bin ich zu sehr Idealist und stellenweise Perfektionist. Sei es drum, wenn andere es nicht tun, haben eben Tüftler die Nase vorn und so wird es zu Menschengedenken wohl bleiben.