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#  15.03.2008, 00:40:46
Mir ist schon klar dass dieser Beitrag in einem "Naturaquaristik"-Forum vielleicht etwas daneben ist. Ein Beitrag PRO Algen? Das ist ja wie seinen Henker zum Frühstück einladen ...

Dennoch möchte ich anregen, die "Algenproblematik" mal aus einer ganz anderen Sichtweise zu betrachten. Algen stellen in natürlichen Systemen den Großteil der pflanzlichen Biomasse. Dort sind sie alles andere als "schädlich", in vielen Gewässern sind sie sogar die einzigen Pflanzen und für die Fauna dieser Biotope überlebenswichtig.

Warum dann die Panik der Aquarianer schon beim bloßen Gedanken an Algen? Ich denke mal es hat mit dem Mangel an Kontrolle zu tun. Pflanzen lassen sich "kultivieren", ob nun im Vorgarten oder im Aquarium.
"Kultivieren" = "domestizieren" = "beherrschen" = "kontrollieren".
Da weiss man wer der Chef ist. Da kann man sagen: "Das habe ich geschaffen!"

Mit Algen ist das nicht so einfach. Algen sind die schwarzen Schafe in der Pflanzenbruderschaft, diejenigen, die sich der Kontrolle entziehen: Piraten sozusagen. Sie kommen scheinbar wann und wie es ihnen passt, einfach so, aus dem Nichts. Sie wachsen überall dort, wo man sie nicht haben will. Sie vernichten das "Werk" des Gärtners, wenn ihnen danach zumute ist. Ein unheimliches Gesindel. Scheinbar einzige Gegenmaßnahme: Mord und Totschlag. Notfalls mit chemischer Kriegsführung.

Es ginge vielleicht auch anders ...

Ich versuche derzeit, ein Aquarium aufzubauen dessen hauptsächliche Bepflanzung aus Algen besteht. Was soll ich sagen? Es ist spannend ohne Ende. Selten hat mir etwas so viel Spaß gemacht. Es gibt ja keine Anleitungen für sowas: Es gibt nur Anleitungen zur Vernichtung, zur Pflege dagegen ... nada. Also muss man experimentieren. Ein Hauch von "Jugend forscht" durchweht das Wohnzimmer (ok, ok, dafür bin ich zu alt, aber vom Prinzip). Man weiss nicht was dabei rauskommt, Scheitern ist inbegriffen und wird als notwendige Stufe akzeptiert. Und: Es dauert richtig lange. Ein lebendiges Beispiel für Entschleunigung.

Ok, genug gelabert. Wie sieht sowas aus? Noch etwas Geduld bitte ...

Ganz kurz noch ein paar Eckdaten und ein paar Worte zur Einrichtung. Es handelt sich um ein Standard-96l-Aquarium, Plastikrahmen, Abdeckung mit integrierter 18W-Leuchtstoffröhre. Gefiltert wird über einen HMF, angetrieben von einem umgebauten 500l/h Tetratech Innenfilter. Der HMF ist als "negatives Eck" ausgeführt und geht nahtlos in eine weitere, als bepflanzbare ("veralgbare") Rückwand genutzte Filtermatte über. Die Matte wurde mit Tee eingefärbt, um das scheußliche Toilettenblau zu mildern. Eine BIO-CO2-Anlage mit Paffrathschem Butterdosendeckel vervollständigt das System. Gedüngt wird täglich mit Ferrdrakon.

Die Einrichtung: Sand direkt von der Sandgrube. Irrsinnig hoher Schluffanteil, habe ewig gespült, letztlich aufgegeben. Sch...egal.
Die Sieblinie des Sandes ist laut allgemeiner Auffassung denkbar ungünstig, da äusserst uneinheitlich. Sch...egal.
Die "Wurzeln": Kiefernäste aus dem Wald, monatelang in der Regentonne gewässert.
Steine: Kalksinter aus dem Quellbereich eines sehr kalkhaltigen Baches (ich wohne in einem Karstgebiet), leicht abgebürstet, Algen und Moos blieben z.T. dran.
Ordentlich Laub und Erlenzäpfchen, demnächst ziehen nämlich ein paar Macrobrachium lanchesteri ein.

Ja, ich habe den Aufschrei gehört. "Kalkstein! Das härtet auf!" Pfff ... wieder so ne pauschale Panikmache. Es kommt halt drauf an. Üblicherweise stellen die Stadtwerke das Wasser so ein, dass es sich in einem Lösungsgleichgewicht bezüglich Kalk befindet. Eigentlich braucht man dieses Verhältnis ja "nur" beizubehalten, dann kann man auch Kalkstein im Aquarium verwenden, ohne Anstieg der KH. Allerdings ist das Thema "Lösungsgleichgewicht" sehr komplex, mit Berechnung ist da nix. Also Experiment ...

Und was ist passiert?
Ausgangswasser: 21 GH, 19 KH, PH 7,8
Jetzt, nach 8 Wochen (seit 3 Wochen wöchentliche 50% TWW):
15 GH, 9 KH, PH 6,5 (stabile Werte seit ca. 4 Wochen).

Go figure ... eine Erklärung ist bisher nicht so richtig in Sicht. Ich nahm das Ergebnis erfreut zur Kenntnis und hab meine Garnelen bestellt.

Das erste was die langsam wachsende Algenpopulation gemacht hat: Sie haben aus Protest gegen den CO2-Mangel angefangen biogen zu entkalken - und zwar massiv. Daher war ich gezwungen, eine CO2-Versorgung ranzuhängen.

Auf den Steinen befanden sich Moosreste, welche wider Erwarten unter Wasser weiterwuchsen. Muss wohl Quellmoos sein. Das war nicht eingeplant, aber what shalls. Die Zeit wird zeigen ob die Algen oder das Moos das Rennen machen oder ob eine friedliche Koexistenz möglich ist. Bis jetzt wächst alles wild durcheinander.

Und: Hydren-Invasion. Hunderte. Haben innerhalb weniger Tage die Massen von Hüpferlingen etc. vertilgt. Jetzt wird die Population wohl einbrechen. Nicht dass sie mich stören, im Gegenteil: Es sind sehr schöne und interessante Tiere. Mal sehen wie sie sich entwickeln.

Oh, ich vergaß: Ich habe eine Mooskugel zerpflückt und teilweise in Steinspalten geklemmt. Mal sehen ob sie anwächst.

Aber jetzt endgültig Schluss mit der Laberei, hier sind ein paar Bilder von heute:




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#  15.03.2008, 00:44:13
Ahh ... es gehen nur 5 Bilder auf einmal. Na gut. Hier gehts weiter:



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#  15.03.2008, 08:44:16
Hallo,

sehr interessant. Tolle Idee.

Zitat:
Dennoch möchte ich anregen, die "Algenproblematik" mal aus einer ganz anderen Sichtweise zu betrachten. Algen stellen in natürlichen Systemen den Großteil der pflanzlichen Biomasse. Dort sind sie alles andere als "schädlich", in vielen Gewässern sind sie sogar die einzigen Pflanzen und für die Fauna dieser Biotope überlebenswichtig.


Ohne Algen kein Leben im Biotop. Algen sind die erste Stufe der Nahrungskette, sie sind autotrophe Lebewesen d.h. sie brauchen ausser Sonnenlicht nur Nährstoffe die im Wasser gelöst sind und nicht organischen Ursprungs sind.

Alle unsere Pflanzen stammen von der Grünalge ab, sozusagen der Urmutter der Pflanzen.

Gruß
Ecki



www.wunderkanone.de

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#  15.03.2008, 09:50:15
Hallo,

das ist genau das was ich auch schon immer mal machen wollte, mich stören Algen nur aus dem Grunde der Unkontrollierbarkeit zwischen Pflanzen!

In einem "Nur-Algen-Becken" wären sie mir sehr willkommen.

LG Mark.


Ingrid

(Administrator)




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#  15.03.2008, 12:08:41
moin alex,
Zitat:
Mir ist schon klar dass dieser Beitrag in einem "Naturaquaristik"-Forum vielleicht etwas daneben ist. Ein Beitrag PRO Algen? Das ist ja wie seinen Henker zum Frühstück einladen ...

wir haben sie doch aber alle schon mal gehabt!
ob das nun ein *naturaqurium ist oder ein *normales, ist den algen bei einzug doch wurscht lol2

schöne doku!

LG Ingrid


Strebe niemals nach den Dingen, die auch Dümmeren gelingen.


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#  18.03.2008, 21:58:56
Moin!

Zitat von Mark1 :
mich stören Algen nur aus dem Grunde der Unkontrollierbarkeit zwischen Pflanzen!


Das weiss man doch gar nicht. Bestimmt gibt es Algen die kultivierbar und kontrollierbar sind (Mooskugeln lassen wir mal außen vor), nur beschäftigt sich keiner damit.

Ich kenne zb. niemanden, der mal versucht hat eine Armleuchteralge anzusiedeln:
http://freenet-homepage.de/suesswassertauchen/galerie1.htm

Abgesehen davon: Rotalgen der Gattung Batrachospermum zb. sind sehr gut kontrollierbar - die Kolonien sprießen aus einem gemeinsamen Fuß. Und die Übertragung in ein anderes Becken hat auch schon funktioniert: Einfach ein bisschen zerschnipseln und ins Becken werfen. Lassen sich halt nicht gezielt an einer bestimmten Stelle ansiedeln. Muss man halt ne Kolonie pflegen und lange genug warten ...

Die Algen die sich derzeit bei mir entwickeln sind schon ungefähr das was ich mit vorgestellt habe. Nur wachsen die einen zu schnell, die anderen zu groß, die dritten zu langsam. Ich werde halt jetzt mit verschiedenen Düngern, Beleuchtungsänderung etc. experimentieren.

Das allererste: Endlich die Proben an Emmel senden damit ich überhaupt weiss was es ist. Sonst ist die schönste Doku fürn A...

Servus,
Alex



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#  18.03.2008, 22:05:56
Hallo Alex,

Zitat:
Ich kenne zb. niemanden, der mal versucht hat eine Armleuchteralge anzusiedeln:


Doch, kennst Du, ich hatte die schon und hätte sie auch gerne wieder...aber der letzte Versuch war leider nicht erfolgreich.

Irgendwann verschwanden die wieder aus meinen Becken, aber gut zu kontrollieren waren die auch nicht gerade...sie wuchsen immer gerade da wo sie nicht sollten z.B. in den Moospolstern lol2

LG Mark.


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#  18.03.2008, 23:04:27
Zitat von Mark1 :
Hallo Alex,

Zitat:
Ich kenne zb. niemanden, der mal versucht hat eine Armleuchteralge anzusiedeln:


Doch, kennst Du, ich hatte die schon und hätte sie auch gerne wieder...aber der letzte Versuch war leider nicht erfolgreich.


Na, vielleicht habe ich mehr Glück. Hab grad ne Gärtnerei gefunden die welche verkaufen. Werde gleich mal ein paar bestellen.

Zitat von Mark1 :

Irgendwann verschwanden die wieder aus meinen Becken, aber gut zu kontrollieren waren die auch nicht gerade...sie wuchsen immer gerade da wo sie nicht sollten z.B. in den Moospolstern lol2


Ja, DEN Punkt kann man denke ich abhaken: Einer Alge sagen zu wollen "da setz dich hin und wurzel dich fest" ...

Von daher ist ein "Artenbecken" sicher sinnvoller.

Viele Grüße,
Alex





Ingrid

(Administrator)




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#  19.03.2008, 11:39:02
moin alex,
was ist denn diese hirschgeweih_artige alge da für eine?

und blaualgen sind noch keine?

LG Ingrid


Strebe niemals nach den Dingen, die auch Dümmeren gelingen.


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#  19.03.2008, 14:15:38
Zitat von Ingrid :
moin alex,
was ist denn diese hirschgeweih_artige alge da für eine?


Irgendeine Rotalge vermutlich ... wird hoffentlich emmel klären.

Zitat von Ingrid :

und blaualgen sind noch keine?


Nö. Klopf auf Holz ...

Viele Grüße,
Alex


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