Genauigkeit von Wassertests

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30.01.2011, 00:01:55

Anton_Gabriel

Zur Genauigkeit von Wassertests

Will man ein einfaches Aquarium mit einfachen Fischen und einfachen Pflanzen ohne Überbesatz und ohne Änderungen und gutem Ausgangswasser betreiben, dann braucht man sich nur selten über die Wasserwerte informieren. Einmal zu Beginn – einmal beim Einlaufen und ein paarmal noch danach und wenn man nichts ändert nur mehr sporadisch.

Andere Situation: wenn man viele verschiedene Pflanzen zu tollem Wachstum anregen will und womöglich ungünstiges Ausgangswasser hat und es aufbereiten muss und düngt und dann noch Fische nicht nur hält sondern auch züchtet und zwar nicht nur ganz einfache Arten, dann sind oft viele Wasserwerte interessant und es interessiert auch oft ein Tagesverlauf oder ein Wochenverlauf verschiedener Werte um den Bedarf oder Verbrauch von Nährstoffen und Dünger zu bestimmen. Oder es interessiert schon nach 2 Stunden ob der Nitritwert im ganz unteren Bereich ansteigt und vielleicht bald die Nachzucht gefährden kann usw.

Zwei weit auseinander liegende Beispiele und irgendwo am Ende dieser Bereiche oder mittendrinn findet sich meist jeder Aquarianer – und fast jeder Aquarianer hat einmal mit Wasserwerten und Wassertests zu tun.

Was ich hier etwas näher beschreiben will: wie genau sind verschiedene Tests und von was hängt es ab.Dazu einmal die wichtigsten Faktoren die insbesondere bei visuellen Test (mit dem Auge ablesbare Test) zum Tragen kommen:

Eine der größten Fehlerquellen ist unser Auge!

Wir können bei gesunden Augen etwa den Helligkeitsunterschied bzw. Farbintensitätsunterschied von 100 Prozent erkennen (!), Das heißt: ob ein wert 10 oder 20 ist können wir auf einer Farbtafel gerade einmal ablesen. Ob es 10 oder 17 sind meist nicht mehr.
Deswegen sind fast alle Farbtafeln 1 – 3 – 10 – abgestuft, weil diesen Unterschied an Farbe fast Jeder mit freiem Auge erkennen kann. Ich habe selber einmal im Urlaub den Test gemacht und mit Mineralwasser und Orangensaft verschiedene Mischungen in den Trinkgläsern zusammengestellt und dann meiner Frau aussuchen lassen, welche der Limonaden die selbe Farbe haben – im Fotometer gemessen ergaben sich Unterschiede von bis zu mehr als 100 Prozent!

Neben der sehr geringen Intensitätsunterscheidung unserer Augen haben sehr viele Menschen eine geringe bis starke Farbfehlsichtigkeit. Wer mag kann hier http://webapp.arbeitsmedizin.de/Default2.aspx ausprobieren ob er voll farbsehtüchtig ist.

Somit sind die ersten und die größten Fehlerquellen beim Ablesen von Farbtests: unsere Augen!

Wir dürfen uns nun fragen: wie genau müssen solche Farbtests sein, welche nur mit dem Auge abgelesen werden ? ….. Wir können einen Unterschied von 50 Prozent nicht wahrnehmen – muss der Test dann viel genauer anzeigen ? Muss der Test dann aufwändig auf höchste Genauigkeit hergestellt werden ?

Im nächsten Beitrag versuche ich einige Besonderheit zu Streifentest zu beschreiben: in weiterer Folge geht es dann auch um Tropftests und um elektronische Geräte und Fotometer.

mfG Anton Gabriel
30.01.2011, 00:23:26

unbekannt

Hallo Anton,

toller Beitrag. Bin am Ishihara schon bei der Musterung durchgerauscht und dürfte keinen LKW-Führerschein machen. Diese Pünktchen-Bierdeckel haben es in sich. Immerhin hab' ich jetzt 50% geschafft...war schon verblüfft.

Kommt da von Dir noch was hinterher? Photometrie und so?

LG,
Joachim
30.01.2011, 00:33:10

Anton_Gabriel

Hallo Joachim,

Danke! Ja - kommen noch einige Sachen nach :-) Im Kopf ist es fertig - muss ich noch tippseln.

mfG Anton
30.01.2011, 07:31:16

ecipower

Hallo Anton,

sehr interessantes Thema was Du hier aufgegriffen hast. Bin schon neugierig auf den nächsten Teil. Übrigens den Test habe ich zu 100% geschafft, was aber an der Qualität und Genauigkeit mancher Teststreifen nichts ändert.
30.01.2011, 10:16:31

MonikaW

Hei, ja es gibt enorme Unterschiede bei den Streifentests...sogar bei 2 Fabrikaten der gleichen Firma...die genauer unterteilten Teststreifen sind überhauptnicht abzulesen(gut gemeint aber vollkommen unbrauchbar)...die sind für den Müll :wut1:
VG Monika
30.01.2011, 11:10:53

MonikaW

Juhu, ich hab alle richtig :par4:
Bin auch sehr gespannt, wie es weitergeht...

VG Monika
30.01.2011, 18:01:18

Anton_Gabriel

Genauigkeit von Wassertests Teil2

Was haben folgende Besonderheiten gemeinsam? :
Einerseits tiefstehende Sonne und andererseits Mittagssonne im Sommer
Glühlampenlicht oder extrem „kaltes“ Leuchtstofflampenlicht
Der „Weißabgleich“ bei einer digitalen Fotokamera von 3000K bis 6500K

Alle diese Besonderheiten weisen uns auf einen Effekt hin, welcher durch unterschiedlich gefärbtes Licht entsteht. 3000K oder Glühlampen oder Abendsonne bewirken ein sehr rotes Licht. Das kann man sehr gut sehen, wenn man den Weißabgleich bei der digitalen Kamera manuell verschieden einstellt und dann das gleiche Motiv aufnimmt – das Ergebnis sind Bilder von totalem Rotstich bis totalem Blaustich und dazwischen einmal ein Bild mit richtigen Farben!

Wenn wir nur unsere Augen bei so unterschiedlichen Lichtverhältnissen verwenden, dann merken wir das in der Regel gar nicht so arg, weil unser Gehirn das automatisch etwas ausgleicht. Wenn wir allerdings mit unseren Augen bei so unterschiedlichen „Lichtfarben“ verschiedene Farben betrachten, dann werden diese gewaltig verfälscht! Auch das Medium ist mit entscheidend – Farben auf Papier werden anders verfälscht als Farben im Wasser bei Durchsicht oder Aufsicht oder gar gefärbte Luft.

Ohne direktem Vergleich sagt uns unser Hirn: der Apfel ist rot – also sehen wir rot – obwohl wir objektiv rosa oder violett oder ganz dunkelrot sehen.

Also ist der nächste große Störfaktor das unterschiedlich gefärbte Licht! Wir lesen je nach Licht oft 150 Prozent falsch ab oder ärgern uns, dass die Farben so überhaupt nicht mit dem Testwasser vergleichbar sind.

Wir sind schon in einem ziemlichen Dilemma:
1.) Das Auge kann Unterschiede erst ab etwa 100 Prozent sehen.
2.) Je nach Lichtfarbe lesen wir bis etwa 150 Prozent daneben ab.
3.) Oft brauchen Test nicht so genau sein (günstigere Herstellung), weil wir es sowieso nicht sehen – noch einmal ein Fehler bis 50 Prozent.


Im schlimmsten Fall haben wir also eine Fehlablesung bis etwa 300 Prozent!

Statt 1 lesen wir vielleicht 3 und statt 30 nur 10 ab.


Noch nicht genug an möglichen Störungen:

Die Darstellung von durchscheinenden Färbungen von Wasser ist auf Papier in Farbtafeln praktisch nicht vollkommen ident möglich; da gibt es immer Abweichungen (wir versuchen das zu minimieren, indem wir die Becher mit gefärbten Lösungen fotografieren und daraus die Farbtafeln machen).

Jetzt kommt eine interessante Besonderheit, die mit der bisher allgemeinen Auffassung etwas aufräumt:

Alle oben genannten Fehlermöglichkeiten (1. bis 3.) treten sowohl bei Streifentests wie auch bei Tropftests auf. Die letzte genannte Fehlermöglichkeit (durchscheinende Färbung auf Papier kaum ident darstellbar) trifft bei Streifentests fast nicht zu!! Weil da nichts durchscheint – der Streifentest ist fast wie die Farbtafel auf Papier und dieser Fehler ist hier bei Streifentests sehr gering.

Wenn man also die bisherigen Fehlermöglichkeiten berücksichtigt ist der Streifentest genauer als Tropftests! Warum Streifentests trotzdem meist nicht so gut abschneiden kommt dann im nächsten Beitrag.


mfG Anton Gabriel
30.01.2011, 18:43:26

unbekannt

Hallo Anton,

Klasse, mach' weiter. :ao: :glotz:

Da kommen später aber bestimmt einige Fragen. Besser als all die lausigen Krimis, Seifenopern usw. im Fernsehen. Ranga Yogeshwar sagte in einem Interview, wenn's nach ihm ginge, gäbe es keinen Die..Bohl.. im Fernsehen (und noch so einiges zum Thema) ... der war mir eh immer sympatisch, jetzt isser's noch mehr.

LG,
Joachim
02.02.2011, 20:04:31

Anton_Gabriel

Wassertests Teil3

Bisher haben wir eine erstaunliche Besonderheit bei mit dem Auge ablesbaren Wassertest gelesen: bisher haben an sich Streifentest einen Störfaktor weniger als Tropftest und wären somit genauer!

Dass das meist nicht so ist liegt daran, dass in den Streifentest alle Chemikalien für die Messung in der Messzone des Streifens komplett untergebracht werden (müssen). Feuchtigkeit der Luft bewirkt schon eine chemische Reaktion und wenn so Streifen nicht vollkommen trocken aufbewahrt werden (dafür befindet sich in den Dosen der Streifen auch immer ein Trocknungsmittel) verändert sich das Messergebnis gering bis extrem (bis dass die Streifen unbrauchbar werden).

Eine weitere Besonderheit bei Streifen wie Tropftest ist, dass der Kontrastumfang den wir z.B. bei der Durchsicht durch einen Messbecher mit oft extrem geringer bis sehr intensiver Färbung sehen, auf Papier (der Farbtafel oder dem Indikatorfeld des Messstreifens) nicht darstellbar ist.

Wenn wir einen tollen Sonnenuntergang fotografieren, dann ist das ausgedruckte Bild ein müder Abklatsch der Wirklichkeit . Die helleren Teile die mit dem Auge gesehen toll strukturiert und mit Sonnenstrahlen und dunstigen Wölkchen waren, sind auf dem Bild lediglich weiße strukturlose Flächen. Und die dunkleren Strukturen in den tiefen Schatten sind lediglich schwarze Flächen. Auf Papier ist der Kontrastumfang der Wirklichkeit nicht darstellbar!

Das heißt: die geringe Färbung, die bei einem Test bei z.B. 0,1mg/l im Messbecher noch sichtbar ist, hinterlässt auf einem Messtreifen keine Färbung mehr – der Streifen bleibt weiß!
Auf einer Farbtafel kann man sich so behelfen, dass jene Färbung gedruckt wird, welche der Ansicht mit dem Auge am nächsten kommt.

Deswegen haben Tropftests einen deutlich größeren Messbereich als Streifentest. Geht ein Tropftest z.B. von 0,1mg/l bis 20mg/l dann geht ein entsprechender Streifentest vielleicht von 1mg/l bis 10mg/l.

Was wir also bisher gesehen haben:
Bei allen mit dem Auge mit Farbtafeln oder auf Streifen ablesbaren Tests gibt es sehr viele Einflussfaktoren, die vielfache Ursachen haben und teilweise mit der Genauigkeit der Tests gar nichts zu tun haben.

Wichtig!

Beispiel: Bei diesen Tests kann ein abgelesener Wert von z.B. 10mg/l alleine wegen unserer Augen auch tatsächlich 5mg/l oder auch 20mg/l sein. Wir sehen einfach nicht genauer!

Wenn mehrere Besonderheiten zusammentreffen (Licht, Feuchtigkeit in den Test usw., wie in den Vorartikeln beschrieben), dann kann der abgelesene Wert von 10mg/l auch 2mg/l oder 50mg/l sein!
Kommt noch eine Farbschwäche dazu, dann ist der Fehler noch größer oder es ist keine Ablesung mehr möglich.

Somit sollte man bei solchen Tests mit Farbtafel oder Streifentest mit Ableseungenauigkeiten von wenigstens etwa 100 Prozent rechnen.
Oft ist eine solche Genauigkeit ausreichend – sehr oft möchte man doch etwas genauer messen und welche Möglichkeiten es dazu gibt (ionensensitive Elektrode, Fotometer, elektronische Messungen) kommen in den nächsten Beiträgen.

mfG Anton Gabriel
02.02.2011, 20:18:18

MonikaW

Hallo Anton, wie ist es mit ungenauigkeiten beim Tropfentest, wenn man die Röhrchen nicht genau so befüllt, wie man sollte? 1mm mehr oder weniger Wasser macht ja auchschon was aus, oder?
VG Monika
 
 
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