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#  20.07.2009, 00:07:05
Hallo,

Die Eibe vor meiner Terrasse ist ein gutes Studienobjekt. Alles ohne Bildbearbeitung.

Geschnitten in frischer Mohrrübe, dann mit 3 Farben nacheinander gefärbt.


5x


10x


20x


40x

Viel Vergnügen!

Gruss
Ecki

www.wunderkanone.de

Beowulf

(Moderator)




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#  20.07.2009, 12:16:51
Hi Ecki,

klasse Bilder wie schon deine letzten.

Was mich mal interessieren würde, wäre das drumherum, wie du solche Fotos machst. Z.b. geschnitten in frischer Mohrrübe??? Ich glaube du hast auch mal geschrieben, das diese Schnitte hauchdünn sind, wie machst du das und die Färbung?

Grüße
Norbert

Hundert kleine Freuden sind tausendmal mehr wert als eine große

Seepferdchen

(Tauschbörse)




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#  20.07.2009, 14:00:09
Hallo Ecki,

solch eine interessante Form hat ein auf den 1. Blick abgerundet aussehender Blattstiel, ich bin wirklich verblüfft. Es sieht so fast aus wie eine Blüte wink2

Du machst die Schnitte in Mohrrübe, nicht in Holundermark ?! Ist das festere Gewebe besser ?

Viele Grüße
Andrea

Natürlich ist sein Horizont begrenzt, aber wie weit ist der meine? ( John Steinbeck über seinen Hund Charley )

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#  20.07.2009, 16:52:55
Hallo,

nun gut, ich kann ja mal die Technik hinter diesen Schnitten vorstellen. Zum Schneiden benötigt man ein Mikrotom. Mit einem Mikrotom können, je nach Bauweise, bis zu 1 µm dünne Schnitte angefertigt werden.

Bild Mikrotome

Dieser Schnitt wurde mit einem Tischmikrotom geschnitten, ähnlich wie auf dem ersten Bild des obigen Links. Man geht also folgendermassen vor:

Blattstiel frisch abscheiden, feste frische Mohrrübe nehmen und mit einem Bohrer, Zahnstocher etc. einen Kanal in das Mark der Möhre pieksen. Jetzt wird der Blattstiel in den Kanal geschoben. Wenn man es richtig macht umschliesst die Rübe hinterher fest den Blattstiel. Nun wird die Möhre getrimmt. Dazu schneidet man mit einem sehr scharfen Messer das Mark der Möhre zu einem Quader, der sich gut ins Mikrotom einspannen lässt.

Jetzt braucht man ein Fixiergemisch. Dies härtet die Schnitte und tötet alles ab. Dazu benutze ich ein Gemisch aus 90% Isopropanol (96%), 5% Eisessig (98%tige Essigsäure) und Formol (35%tig). Dieses Fixiergemisch wird in ein kleines Glasschälchen gebracht.

Jetzt kann geschnitten werden. Die Schnitte werden mit einem Marderhaarpinsel vorsichtig von Mohrrübenresten befreit und in das Fixiergemisch gegeben. Nach 10 Minuten habe ich etwa 20 schöne Schnitte im Fixiergemisch liegen und das Schneiden ist fertig. Nun verbleiben die Schnitte 10-30 Minuten im Fixiergemisch. Danach kann man färben.

Die Farbstoffe für die Mikroskopie kommen alle aus der Bekleidungsindustrie. Baumwolle und Schafswolle benötigen unterschiedliche Farbstoffe und viele davon lassen sich für das Färben von mikroskopischen Proben benutzen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass alles schön bunt ist. Es geht vielmehr darum, die Zellen entsprechend ihrer Funktion in der Pflanze spezifisch anzufärben (zu differenzieren).

Bevor man färben kann müssen die Schnitte in destilliertes Wasser (Aqua dest.) überführt werden. Macht man das direkt gehen die Schnitte kaputt - es muss in Stufen passieren. Dabei muss man zügig und genau arbeiten - die Schnitte dürfen niemals trocken werden.

Absaugen des Fixiermittels und auffüllen mit Ethanol 70%, 5 Min. warten
Absaugen des 70% Ethanol und auffüllen mit Ethanol 50%, 3 Min. warten
Absaugen des 50% Ethanol und auffüllen mit Ethanol 30%, 3 Min. warten
Absaugen des 30% Ethanol und auffüllen mit Aqua dest., 3 Min., dabei 3 x das Aqua dest. wechseln

Nun kommen die spezifischen Färbemethoden. Ich habe unten 2 Bilder der Eibe mit unterschiedlichen Färbungen hochgeladen. Nehmen wir als Beispiel das Bild 1 - Färbung Etzold grün.

Aqua dest. absaugen,
5 Minuten Chrysoidin (leicht erwärmen), absaugen,
zügig spülen mit Aqua dest. (3x oder mehr) bis das Wasser komplett klar bleibt,
absaugen,
5 Minuten Safranin, absaugen,
zügig spülen mit Aqua dest. (3x oder mehr) bis das Wasser komplett klar bleibt,
absaugen,
5 Minuten Alciangrün (Mischung als Alcianblau und Alciangelb),
absaugen,
zügig spülen mit Aqua dest. (3x oder mehr) bis das Wasser komplett klar bleibt,
absaugen,
Isopropanol (100%), schnell wieder absaugen und noch mal Isopropanol daruf, bis kein rosa im Isopropanol mehr erscheint (wenn im Isopropanol auch nur Spuren von Wasser drin sind zieht es die rote Farbe wieder aus).

Jetzt kommen die Schnitte zur Kontrolle unter ein Stereomikroskop. Die schönsten Schnitte werden mit einem Marderhaarpinsel rausgefischt, auf einen Objektträger gelegt und mit einem Kunstharz bedeckt. Dann kommt das Deckgläschen drauf und das ganze für 48 Stunden in eine Wärmeschrank (40°) zum Trocknen.

Wenn man alles richtig gemacht hat hat man hinterher wunderschöne Schnitte, die für die Ewigkeit gemacht sind. Der obige Schnitt ist etwas weniger als 0,04mm (40µm) dick. Als Farben wurde Acridinrot, Acriflavin und Astrablau genutzt.


Bild 1: Eibe (Chrysoidin, Safranin, Alciangrün), ein etwas älterer Stiel, mehr verholzt


Bild 2: Eibe (Chrysoidin, Safranin, Astrablau)

Diese Färbungen sind deutlich einfacher als die Acridinrot, Acriflavin und Astrablau Färbung, die im Origialbeitrag zu sehen ist. Diese gefällt mir persönlich sehr viel besser - ist aber deutlich schwieriger.

Durchmesser des Eibenstiels: 2 mm
Dicke der Schnitte: 30-40 µm

Nachmachen wird sehr empfohlen.

@Andrea: ich komme mit der Möhre besser klar als mit dem Holundermark. Aber Holunder- oder Brombeermark geht auch.

Gruss
Ecki

www.wunderkanone.de

Ingrid

(Administrator)




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#  20.07.2009, 17:03:14
hallo ecki,
wirklich sehr schöne Aufnahmen... nicht zu fassen was das für klare farben sind habe dir ein bild als hintergrundbild geklaut! lol2

LG Ingrid


Strebe niemals nach den Dingen, die auch Dümmeren gelingen.


Beowulf

(Moderator)




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#  20.07.2009, 22:42:12
Sapperlot Ecki,

das wurde aber auch Zeit für die Erklärung.

Wenn ich gewusst hätte, wie aufwändig solche Aufnahmen sind, das ist ja doch ein ganz schöner Aufwand. Das lässt die Bilder nochmal in einem ganz anderen Licht erscheinen, Respekt.

Grüße
Norbert

Hundert kleine Freuden sind tausendmal mehr wert als eine große

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#  21.07.2009, 15:26:05
Hallo Ecki,

einfach nur wunderschön.

Der Färbevorgang ist ja recht aufwändig. Musst ein sehr geduldiger Mensch sein. lol2

Meinen Respekt hast Du.

Liebe Grüße
Sabine


Ingrid

(Administrator)




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#  21.07.2009, 20:54:48
Zitat:
Als Farben wurde Acridinrot, Acriflavin und Astrablau genutzt.


... hmm, wenn denn du das alles gefärbt hast ecki, wie sieht es denn dann unbehandelt aus?

LG Ingrid


Strebe niemals nach den Dingen, die auch Dümmeren gelingen.


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#  22.07.2009, 08:22:38
Hallo Ingrid,

brich mal einen kleinen Zweig oder Stengel ab und schau ihn Dir an. Du siehst bei einem Stengel aussen Grün (Chlorophyll) und innen Weiss (Mark), bei einem Zweig die Rinde und Holz. Für die Pflanzen macht es keinen Sinn, innen Farbstoffe zu bilden.

Die Schnitte zeigen alle einen ausgeprägten roten (gelben) Rand. An dem kann man das Prinzip der Färbung gut erklären. Die grösseren Zellen am Rand, das ist die Epidermis, die gelbe bzw. rote Schicht darum ist die Kutikula, ein dünnes Häutchen aus Cutin, einem Wachs, das der Pflanze als Schutz gegen Wasserverlust dient. Wenn Du Dir einen Zweig einer Eibe ansiehst - natürlich siehst Du die Kutikula nicht. Also muss Du sie, um sie zu sehen, anfärben. Dazu musst Du jetzt einen Farbstoff nehmen, der mit dem Cutin reagiert - dann wird die Kutikula gelb oder rot.

Schau mal auf das grüne und das blaue Bild in meinem zweiten Beitrag. Hier kann man schön erkennen, wie die verholzten Zellen rot angefärbt wurde. Der grün Schnitt stammt von einem Blattstiel, der deutlich älter und viel stärker verholzt ist. Das Orange in diesen beiden Färbungen ist eine Reaktion auf Lignin, das Protein, das in den Zellwänden eingelagert wird und diese festigt.

Ohne Färbung verrät uns ein Schnitt so gut wie nichts von dem inneren Aufbau einer Pflanze.



Ecki's mobile Schneide- und Färbestation

Gruss
Ecki

www.wunderkanone.de

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#  22.07.2009, 14:45:57
Das sind schon klasse Bilder und die Natur gibt etwas von ihren Geheimnissen preis freuen

Aber was machst du mit der Karotte ??



René


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